Wildschaden

Fegeschaden durch Rehbock. Foto: Sasa Kunovac/bugwood.org

Wildschaden: Problem mit vielen Ursachen

Für viele Waldbesitzer ist es ein ebenso gewohntes wie tragisches Bild. Beim Kontrollgang der Verjüngung findet man viele junge Bäumchen, deren Haupt- und Leitriebe verbissen sind. Für Befürworter der Naturverjüngung ergibt sich die Situation, das sich nur Fichte (und in manchen Gebieten die Lärche) problemlos verjüngen lassen. Doch gerade in Zeiten des Klimawandels ist die Begründung von Mischbeständen, die widerstandsfähiger sind als Reinbestände, eine zentrale Aufgabe für die Waldbauern. Das mit der Fichte ausgerechnet die Baumart, deren Anteile man eigentlich verringern sollte, durch den Verbiss gefördert wird, verkompliziert die Situation noch zusätzlich.

Das Bundesamt für Wald führt regelmäßig im gesamten Bundesgebiet Verjüngungsaufnahmen durch. Die Ergebnisse der letzten Aufnahmeperiode sind alarmierend. Rund 2 / 3 der Verjüngungsfläche im österreichischen Wald werden durch den Wildeinfluß in der Entwicklung und der Baumartenzusammensetzung stark beeinflusst. Verbiss, der über Jahre hinweg das Wachstum der Jungpflanzen stört, führt zu einer Bevorzugung einzelner Baumarten, in den meisten Fällen ist dies die Fichte. Allerdings ist auch die Fichte nicht gefeit vor Verbiss, die Nadelbaumart wird nur weniger gern vom Wild angenommen als etwa Ahorn oder Eiche. Wenn die Mutterbäume absterben und die Verjüngung durch ständigen Wildverbiß sich nicht entwickeln kann kommt es somit zu einer schleichenden Entmischung. Eine Entwicklung, die sich anhand der Ergebnisse des BFW mancherorts bereits beobachten lässt.

Wildschaden hängt von der Baumarten ab

Gerade die Kahlschlagwirtschaft fördert das Rehwild. Im Gegensatz zum ehemaligen Steppenbewohner Rothirsch, der über lange Distanzen flüchtet, bevorzugt das Rehwild Gebiete mit reichlich Deckung um sich nach kurzem Fluchtweg vor Bedrohungen verstecken zu können. Sehen und selbst nicht gesehen werden lautet die Devise. Kahlschläge sind daher für Rehwild sehr attraktive Äsungsflächen, da die nahen Altbestände ein Rückzugsgebiet darstellen (Randlinieneffekt). Die schädliche Auswirkung des Verbisses wird auf einem aufgeforsteten Kahlschlag noch erhöht, da auf kleiner Fläche viel Äsung vorhanden ist. In kürzester Zeit kann ein einzelnes Reh eine komplette Aufforstung gefährden. Ein weiteres Problem der Altersklassenwälder sind die äsungarmen Bestandesstadien wie Dickungen und Stangenholz in denen kaum Licht auf den Boden dringt und somit keine Äsung für das Schalenwild vorhanden ist. Die Nahrungssuche konzentriert sich daher auf lichte Altbestände sowie auf Verjüngungsflächen.

Fichte und Lärche sind wichtige Wirtschaftsbaumarten. Diese beiden Arten profitieren indirekt vom Wildverbiss, weil die anderen Baumarten dem Wild besser schmecken, stärker verbissen und im Wachstum gebremst werden. Im Mischwald ergeben sich durch diesen selektiven Verbiss der anderen Arten oft Konkurrenz- und Entwicklungsvorteile für Fichte und Lärche. Dies konnte durch den Vergleich mit der Verjüngungsentwicklung in wildfreien Kontrollzäunen gut nachgewiesen werden. Bevorzugt verbissene Baumarten wie Bergahorn, Vogelbeere, Eiche und Tanne können sich hingegen bei starkem Wildeinfluss oft nicht entwickeln, vor allem wenn sie nur spärlich vorhanden sind. Außer dem Wildverbiss sind aber noch andere Faktoren entscheidend, ob Verjüngung hochkommt oder nicht. So brauchen beispielsweise Eiche und Tanne einen für sie geeigneten Waldbau, sonst bleiben sie auch ohne Verbiss oft aus. Nicht jedes Verjüngungsproblem ist ein Wildproblem.

Die Fichte wird ungern vom Wild angenommen, in Gebieten mit starkem Wilddruck wird aber auch sie verbissen.

Wildschaden: Abschuss alternativlos

Die offiziellen Jagdstrecken beim Rot- und Rehwild haben nach dem Zweiten Weltkrieg österreichweit stark zugenommen, mit periodischem Auf und Ab alle paar Jahre aber insgesamt mit steil ansteigendem Trend. Trotz der ständig angestiegenen Abschusswerte scheint der Abschuss noch immer unter dem jährlichen Zuwachs zu liegen, er bleibt also ohne Reduktionseffekt. Nur bei der Gams ist die Strecke österreichweit rückläufig. Insbesondere beim Rotwild scheint es vielerorts auch bei gutem Willen der Jäger nicht mehr möglich, mit herkömmlichen jagdlichen Mitteln eine Trendwende in der ansteigenden Bestandsentwicklung zu erreichen. Das Wild wurde durch den angestiegenen Jagddruck immer scheuer und schwieriger bejagbar. Abschusszahlen höher anzusetzen bringt dann nichts, wenn sie nicht erfüllt werden oder die Erfüllung nicht kontrolliert wird (ohne Grünvorlage). Es sollten Mindestabschüsse ohne Obergrenze vorgegeben werden, mit der Möglichkeit ohne vorheriges Ansuchen über den Mindestwert hinaus Abschüsse zu tätigen (außer bei Hirschen und Rehböcken älter als ein Jahr), was vor allem bei Reduktionsbedarf wichtig ist. Diese Regelung hat sich in einigen Bundesländern bereits bewährt. Auch unabhängig von aktuellen Wildschäden sollten die hohen Rotwilddichten vielerorts deutlich reduziert werden, um das Wildschadensrisiko zu reduzieren, das Wildmanagement zu erleichtern, und auch um die Gefahr von Seuchenausbrüchen, wie z.B. Tuberkulose in Tirol, zu mindern.

Wälder umgestalten um Wildschaden zu vermeiden

Im Dauerwald kommt es in der Regel zu weniger schwerwiegenden Wildschaden. Kahlschlagwirtschaft hat hingegen einen höheren Besiedlungsanreiz für Schalenwild, bedingt durch die optisch auffälligen Randlinien sowie optimale Orte für Nahrungsaufnahme, Ruhe/Ausblick, Klimaschutz und Feindschutz, und gleichzeitig ist sie im Vergleich zu den meisten Formen des Dauerwaldes (z.B. Schirm-, Saum-, Femelschlag) meist wesentlich anfälliger für die Entstehung von Wildschäden. Das heißt, Kahlschlagwirtschaft verträgt weniger Wild als Dauerwaldbetrieb mit Naturverjüngung, gemessen an vergleichbaren Waldverjüngungszielen. Die Naturverjüngung im Dauerwaldsystem ist meist auf einem wesentlich größeren Flächenanteil vorhanden und meist viel stammzahlreicher als die Verjüngung am Kahlschlag (Aufforstung).

Plenterwald, eine spezielle Form des Dauerwaldes, kann allerdings auch anfällig für Wildschaden sein, wenn durch vorratsreiche Struktur wenig Licht bis zum Boden durchkommt und sich durch den Lichtmangel nur eine spärliche Verjüngung ohne natürlichen „Überschuss“ an Jungbäumen entwickeln kann. Dann wird quasi jeder Jungbaum forstlich gebraucht, wodurch jeder Verbiss leicht zum Schaden wird. Bejagungstechnisch kann Dauerwald durch fehlende Freiflächen Nachteile bringen. Diese können bei Bedarf z.B. durch Bewegungsjagden und forstliche Unterstützung (Anlage von Schussschneisen etc.) ausgeglichen werden.

Ein zu hoher Wildstand ist auch schon bei geringen Wilddichten möglich, wenn der Wald so gestaltet wurde, dass er sehr wildschadenanfällig ist und wenig Wild verträgt. Außer der Wilddichte spielt auch die Wildverteilung eine entscheidende Rolle. Wenn das Wild vermehrt in die schadenssensiblen Gebiete abgedrängt wird (ungünstig verteilter Jagddruck, andere Formen der Wildbeunruhigung), dann gibt es auch bei großflächig gesehen wenig Wild immer noch Probleme in diesen Schadenszentren.

Allgemein überschätzt wird die Auswirkung eines generellen Fütterungsverbotes auf die Wildstandsreduzierung und Wildschadensminderung. Fütterungsverbot ist keine Alternative zum Abschuss und führt nicht automatisch zu weniger Wildschaden, sondern bestenfalls eine hilfreiche Begleitmaßnahme in manchen Gebieten. Ohne ausreichend hohen Abschuss können Schalenwildbestände in unserer Kulturlandschaft nicht reguliert werden, egal ob mit oder ohne Fütterung. Am nötigen Abschuss führt kein Weg vorbei.

Dauerwälder, in denen die Naturverjüngung auf der gesamten Waldfläche verteilt ist, sind weniger wildschadensanfällig.

Hegen bedeutet auch entnehmen

Der Grundeigentümer – so klein seine Waldfläche auch sein mag – ist grundsätzlich gemäß Gesetz der primär Jagdberechtigte und deshalb primär verantwortlich für das Gleichgewicht Wald-Wild. Er, oder im Falle von Genossenschaftsjagden seine Vertreter im Jagdausschuss haben zu entscheiden, ob und zutreffendenfalls an wen und unter welchen Bedingungen die Jagd verpachtet wird, oder ob die Grundeigentümer selbst das Wildmanagement übernehmen, nötigenfalls mit einem angestellten Jagdverwalter, oder mit Hilfe von Abschussnehmern oder Profis. Eine Verpachtungspflicht, wie in manchen Bundesländern der Fall, sollte es nicht geben. Die Jägerschaft ist ebenfalls verpflichtet, ihren Beitrag zu leisten. Sie hat aber keinen Einfluss, wenn die Grundeigentümer die Jagd an einen (vielleicht gut zahlenden) Pächter verpachten, der aber ihre waldbaulichen Vorstellungen nicht erfüllt oder nicht erfüllen kann. Es gibt in Österreich mehrere Gebiete, wo die Grundeigentümer wegen anstehender Probleme selbst die Jagdprüfung gemacht und so die Jagdausübung in die eigene Hand genommen haben.

Wildschaden: Wer schädigt wie?

Rehwild (Capreolus capreolus): Rehwild richtet im Wald den größten Schaden an aufgrund seiner Häufigkeit und seiner Anpassungsfähigkeit. Neben dem Verbiss fegen junge Rehböcke auch Jungpflanzen, was oft zum Absterben dieser führt.

Rotwild (Cervus elaphus): Neben Verbiss und Fegeschäden schält Rotwild auch, was zur völligen Entwertung der Bäume führen kann. Geschält wird am häufigsten in Stangenholz, es kann aber auch Altbäume treffen.

Schwarzwild (Sus scrofa): Während Schwarzwild auf landwirtschaftlichen Flächen verheerende Schäden anrichten kann, halten sich die Schäden im Wald in Grenzen. Der Verzehr von Bucheckern und Eicheln kann in Mastjahren zu einer Verzögerung der Verjüngung führen.

Zu den sonstigen jagdbaren Arten die Schäden verursachen können zählen Sika- und Damhirsch, Mufflon, Gams, und Elch. Aufgrund der geringeren Zahl (Abschuss Mufflon 2012: 2.500 Stück) dieser Arten kommt es nur lokal zu nennenswerten Schäden. Wildkaninchen und Hasen können ebenfalls Schäden durch Verbiss in Aufforstungen anrichten.

In Beständen mit zu hohem Wildstand ist der Abschuss alternativlos. Foto: Wandersmann_pixelio.de

Schaden richtig zuordnen

Nicht nur Schalenwild, also Reh und Rothirsch, verbeissen, auch Schafe, Ziegen, Gamswild sowie diverse Nager können die Verjüngung schwer schädigen. Bevor man also Managementmaßnahmen zum Schutz angeht ist erst notwendig die Schäden richtig zuzuordnen. Der unten angeführte Artikel ist dabei hilfreich.

Wer war das?

Wie schützt man richtig?

Berücksichtigt man die Ergebnisse des Wildmonitorings, so ist es notwendig Verjüngungsflächen zu schützen. Man unterscheidet zwischen Einzelschutz und Flächenschutz. Einzelschutz bietet sich vor allem bei kleineren Nadelholzaufforstungen an. Beim Einzelschutz werden Präparate, die dem Wild den Verbiss vergällen, auf die Pflanze aufgebracht, oder es werden Schutzkappen angebracht, die den Leittrieb schützen sollen.  Flächenschutz sollte eher auf größeren Aufforstungen, bei Naturverjüngung und generell bei Laubholzverjüngungen (hohe Stammzahlen in der Jugend) angewandt werden. Beides stellt aber einen nicht unterschätzenden Aufwand für den Waldbesitzer dar.  Sind Einzelschutzmaßnahmen vor allem arbeitsaufwändig, so ist der Flächenschutz kostenintensiv. Eine 50 m Rolle Wildzaun kostet im Fachhandel etwa 150 €. Für eine Aufforstung von einem ha (400 m Randlinie) ergeben sich so Kosten nur für die Einzäunung von 1.200 €. Liegt der Waldbesitz in schwierigem Terrain, kommt noch ein gehöriges Maß an Schweiß hinzu.