• Home
  • /
  • Fällen mit der Seilwinde

Fällen mit der Seilwinde

Die Holzernte mit der Seilwinde ist eine Methode um Problembäume zu Fall zu bringen. Bild: SUVA

Die Kraft der Seilwinde als Fällhilfe nutzen

Wem ist das bei der Fällung noch nicht passiert: die Richtung war exakt bestimmt, der Fällkerb sauber geschnitten und trotzdem verkeilt sich der Baum in einer Nachbarkrone. In solchen Situationen ist die Seilwinde eine wertvolle Unterstützung – und ermöglicht eine Fällung ohne das Risiko eines schweren Unfalls. Denn keinesfalls darf damit begonnen werden, den Baum nun stückweise abzusägen!!! Der herabfallende Baum kann nicht kontrolliert werden und auch die Fällrichtung kann nicht vorherbestimmt werden. Die Folge könnte ein tödlicher Arbeitsunfall sein.

Aber auch bei anderen Gelegenheiten macht es Sinn die Seilwinde zur Hilfe zu nehmen, etwa bei Rückhängern oder bei stockfaulen Bäumen. Auch am Steilhang kann es notwendig sein den zu fällenden Baum gegen ein Abrollen mit der Seilwinde zu sichern. Ist der Einsatz der Seilwinde notwendig, so sind einige Vorbereitungen notwendig, außerdem braucht es dafür spezielle Ausrüstung – und auch der Forsttraktor muss einige Anforderungen erfüllen.

Was darf man niemals tun?

Auf keinen Fall darf der Hänger bestiegen werden. Das gilt auch für das Anbringen des Zugseils, weshalb sich bei Hängern die Verwendung der Leiter verbietet. Unter dem Hänger darf auch nicht weitergearbeitet sein, selbst harmlos wirkende Arbeiten wie das Auftanken der Motorsäge können zu Unfällen führen, weil möglicherweise Kronenteile oder der gesamte Stamm abrutschen. Ebenso dürfen keine Äste oder Kronenteile abgesägt werden, in der Hoffnung das sich dann der Baum aus der Krone löst: fällt dieser tatsächlich kommt man nicht mehr rechtzeitig aus dem Gefahrenbereich. Aufgrund des Gewichts den der hängende Baum auf seinen Nachbarn auslöst, verändern sich auch die Spannungen im Holz des Aufhängers. Daher darf dieser auch nicht gefällt werden solange der Hänger auf ihm liegt, da die Gefahr besteht das das Holz aufreisst. Manch einer versucht den hängenden Baum auf den Boden zu bringen, indem er einen weiteren Baum auf ihn fallen lässt: abgesehen davon das die Gesamtsituation dadurch immer unüberschaubarer wird kann es sein das man nichts anderes als einen weiteren Hänger produziert. Bei starkem Wind sind Arbeiten an Hänger generell zu unterbrechen und darauf zu warten, dass der Wind nachlässt.

Wie geht man richtig vor?

Zunächst geht es darum, die Situation richtig abzuschätzen. Dazu wird der Baum genau beurteilt und folgende Fragen abgeklärt:

  • Was genau hindert den Baum am Fallen (die gesamte Krone eines Nachbarbausm, einzelne starke Äste)?
  • Stürzt der ganze Baum herunter?
  • Stürzen Kronenteile oder Äste herunter?
  • Wie reagiert der Stützbaum?

Nach der Besichtigung des Hängers muss der Landwirt dann auch entscheiden, ob er die Fällung in Eigenregie durchführen will oder ob er sich professionelle Hilfe holt. Ist die notwendige Ausrüstung nicht im Wald vorhanden, so sollte der Gefährdungsbereich (1 ½ Baumlängen) um den Hänger markiert werden und die Holzernte darf in diesem Bereich so lange nicht fortgesetzt werden, bis der Hänger erfolgreich zu Boden gebracht wurde.

Die Fällung mit der Seilwinde ist eine Zweimannarbeit, wobei der Motorsägenführer für den Fällschnitt zuständig ist während der Maschinenführer die Seilwinde bedient. Aus Sicherheitsgründen wird der zu fällende Baum über Umlenkrollen zu Fall gebracht. Der Forsttraktor mit angebauter Seilwinde befindet sich dabei schräg seitlich hinter dem zu fällenden Baum. Wesentlich ist auch, das Seil möglichst hoch am zu fällenden Baum anzubringen, um möglichst viel Hebelwirkung zu erreichen. Während der gesamten Arbeit müssen sich Motorsägenführer und Maschinenführer in Sicht- und Rufweite befinden. Ist das Seil angebracht, beginnt die eigentliche Fällarbeit:

  • Das Seil wird leicht vorgespannt
  • Anschließend führt der Motorsägenführer den Fällschnitt durch, schiebt dabei den Sicherungskeil nach und schneidet bis auf eine überbreite Bruchleiste vor
  • Durch den Seilzug wird der Hänger annähernd senkrecht gestellt, damit der Motorsägenführer eine normale Bruchleistenbreite schneiden kann
  • Danach tritt der Motorsägenführer zurück und der Baum wird mit dem Seilzug zu Fall gebracht

Welche Ausrüstung wird benötigt?

Beim Fällen mit der Seilwinde werden enorme Kräfte frei, deshalb müssen die Umlenkrolle und andere Verbindungsmittel entsprechend belastbar sein. Daher ist zu achten, dass die Verbindungsmittel auf die Zugkraft der Seilwinde abgestimmt sind. Grundlage ist daher, unbedingt die Zugkraft der Seilwinde zu kennen, diese ist normalerweise am Typenschild zu finden. Maßgebend ist die Seilzugkraft auf der untersten Seillage, also bei komplett ausgespultem Seil. Für alle Komponenten des Seilzuges gilt zusätzlich, dass die vom Hersteller angegebene Nutzlast nicht überschritten werden darf. Es wird empfohlen Dyneemaseile zu verwenden. Diese zeichnen sich durch geringes Gewicht und eine sehr hohe Bruchfestigkeit im direkten Zug aus. Die Bruchfestigkeit der gesamten Ausrüstung ist unbedingt sicherzustellen, da eine brechende Umlenkrolle oder ein gerissenes Seil ausschlägt und schwere Verletzungen verursachen kann.

Ausrüstung für die Seilwindenernte. Foto: SVLFG

Der Forsttraktor muss gegenüber den Seilzugkräften entsprechend abgestützt sein, entweder durch ein entsprechend hohes Eigengewicht oder durch zusätzliche Stützen. Der Forsttraktor darf auch nicht zu weit seitlich stehen, da sonst ein Kippen droht. Selbstverständlich ist die Faustformel einzuhalten, dass für jedes kN Seilzugkraft min. 10 kW Motorleistung zur Verfügung stehen. Der Maschinenführer, der die Seilwinde bedient, sollte sich nicht in unmittelbarer Nähe zum Forsttraktor befinden, außerdem ist ein Aufenthalt innerhalb des Seilwinkels für alle Beteiligten verboten.

Wie bringt man das Seil möglichst hoch?

Bis in jüngster Vergangenheit gab es kaum Möglichkeiten, das Rückeseil sicher und hoch genug am Stamm anzubringen. Außer einer Leiter oder dem beschwerlichen Klettern stand Landwirten und Forstarbeitern praktisch keinerlei weitere Techniken und Arbeitsmittel zur Verfügung.

Seilanbringung mittels Leiter

Sie gehört zwar zu den gefährlichsten Methoden der Seilanbringung am Stamm, jedoch war es über Jahre hinweg die gebräuchlichste Praktik, überhaupt das Seil in einer gewissen Höhe am Stamm anzubringen. Dabei nimmt der Waldarbeiter das Seilende in eine Hand und steigt die Leiter hinauf Oben angekommen, wirft er das Seil auf der häufig ungesicherten Leiter mit einer Hand um den Stamm und versucht gleichzeitig das Seilende mit der anderen Hand aufzufangen. Aus Gründen der Arbeitssicherheit kann diese Methode nicht mehr empfohlen werden.

Aus Sicherheitsgründen sollte die Leiter bei der seilunterstützen Fällung nicht mehr verwendet werden. Foto: SVLFG

Das Weilburger Laubstarkholz-Erntesystem

Eine zumindest kleine Erleichterung brachte das Weilburger Laubstarkholz-Erntesystem, denn damit bleibt man bei der Seilanbringung am sicheren Boden. In dem Verfahren wird das Stahlseil mittels eines Aluminiumschubgestänges am Stamm bis in eine Höhe von etwa 6 m hochgeschoben. Für den Waldarbeiter ist das Hochschieben des Rückeseils mit einem nicht unerheblichen Kraftaufwand verbunden, da das Seil mit jedem Höhenmeter an Gewicht zunimmt. Bei tief beasteten Stämmen kommt das Verfahren jedoch schnell an seine Grenzen, Randbäume können mit diesem Verfahren generell nicht gefällt werden.

Die Königsbronner Anschlagtechnik  – KAT

Die nächste Stufe der Weiterentwicklung ist das KAT-verfahren. Beim KAT-Verfahren wird im Unterschied zum Weilburger Laubstarkholz-Erntesystem ein Dyneemaseil zur Gewichtsreduzierung eingesetzt. Der große Vorteil beim KAT Verfahren ist wie beim Weilburger Laubstarkholz-Erntesystem, dass keine Leiter mehr zur Anbringung des Seils in Anschlaghöhe eingesetzt bzw. bestiegen werden muss und somit Absturzunfälle bei diesem Arbeitsvorgang ausgeschlossen sind. Astreine und tief beastete Bäume können mit diesem Arbeitsverfahren gleichermaßen seilunterstützt gefällt werden. Zudem reduziert sich der Kraftaufwand beim Hochschieben durch das vergleichsweise leichte Dyneemaseils erheblich.

Die Darmstädter Seilzugtechnik- DST

Um die Hebelkräfte beim Seil unterstützten Fällverfahren voll ausnutzen zu können, muss das Rückeseil möglichst hoch am Stamm angebracht werden. Beim DST-Verfahren wird dies erreicht, indem man einen Wurfbeutel mittels Wurfbeutelschleuder möglichst hoch in den Baum schießt. Die 60 m lange und etwa 3 mm dünne Wurfschnur garantiert, dass der Wurfbeutel nach dem Schuss auch wieder zu Boden fällt. Mit der Wurfbeutelschleuder ist es nun möglich, die erforderlichen Anschlagshöhen zu erreichen, ohne dass ein Mensch den sicheren Boden verlassen muss. Im Vergleich der drei vorgestellten Methoden vereint das DST-Verfahren Arbeitsqualität, Arbeitssicherheit und Ergonomie am Besten.

Beim DST wird das Seil in die Krone hochgeworfen. Foto: SVLFG

Welche Zugkraft ist notwendig?

Für die sichere Durchführung von Fällarbeiten mit Seilwinde ist die tatsächlich erforderliche Zugkraft entscheidend. Beeinflusst wird diese von der Größe und Wuchsform des Baumes sowie der Anschlaghöhe des Zugseils, wobei gilt je größer die Anschlagshöhe ist, desto größer ist die Hebelwirkung und desto weniger Seilzugkraft wird benötigt. Mit Hilfe der Calmbacher Liste (s. Tabelle) lässt sich auf einfache Art für den Praktiker die benötigte Zugkraft bestimmen. Eingangsgröße ist hier der Brusthöhendurchmesser (BHD). Abhängig von der Anschlaghöhe und dem Rückhang ist die notwendige Zugkraft angegeben. Die Zugkräfte sind für Anschlaghöhen zwischen 5 –  15 m angegeben. Werte über 16 t werden nicht dargestellt, da bei gängigen Forstschleppermodellen maximal diese Zugleistung zur Verfügung steht. Zudem ist die Fällung von Bäumen mit einem BHD von 200 cm in Mitteleuropa eher die Ausnahme als die Regel. Auch wenn ein gewisser Unsicherheitsfaktor verbleibt – mit den Calmbacher Hilfstabellen steht eine einfache Datengrundlage zur Verfügung, um die erforderlichen Zugkräfte bei der seilunterstützten Holzernte anzuschätzen.

Laubholz

 

Erforderliche Zugkraft

(Auszüge aus Calmbacher Liste)

Rückhang Anschlaghöhe

 

BHD/cm 40 50 60 70 80 90 100 120 140 160 180 200
0 m 5

 

 

 

 

 

 

 

 

Zugkraft/to

1,0 1,4 2,0 3,0 4,0 5,0 6,2 9,0 12,0 16,0    
  10

 

0,5 0,7 1,0 1,5 2,0 2,5 3,1 4,5 6,1 8,0 10,1 12,4
  15

 

0,3 0,5 0,7 1,0 1,3 1,7 2,1 3,0 4,1 5,3 6,7 8,3
2 m 5

 

1,6 3,0     7,5   12,2          
  10

 

0,8 1,5     3,8   6,1 9,0        
  15

 

0,5 1,0     2,5   4,1 6,0       16,3
5 m 5

 

6,2   14,0                  
  10

 

3,1   7,0   12,4              
  15

 

2,1   4,7   8,3              

Calmbacher Liste. Zugkräfte bei Laubbäumen geradestehend und rückhängend.

Fazit

Die seilunterstützte Fällung ermöglicht es auch Problembäume zu ernten. Neben der richtigen Ausrüstung ist aber auch die korrekte Arbeitstechnik wichtig. Deshalb sollte der bäuerliche Waldbesitzer hierfür unbedingt einen Kurs in einer forstlichen Ausbildungsstätte besuchen oder sich bei der Fällung professionelle Hilfe holen.