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Checkliste für die Fichte

Gebirgswald

Die Fichte ist eine Gebirgsbaumart.

Fichte: Problemfall oder Brotbaumart?

Wüchsig und genügsam: diese beiden Eigenschaften machen die Fichte zur Brotbaumart in der Waldwirtschaft. Deshalb wurde und wird die Fichte auch weit über ihr natürliches Verbreitungsgebiet hinaus angebaut, auch an Standorten für die sie nicht geeignet ist. Mit solchen sogenannten sekundären Nadelwäldern geht der Waldbesitzer ein hohes Risiko ein: auch wenn Fichtenmonokulturen im Tiefland wüchsiger sind als etwa naturnahe Eichenmischwälder, sie sind auch wesentlich instabiler und das Risiko ist hoch, das es durch Wind und Borkenkäfer lange vor Ende der Umtriebszeit zu einem Bestandeszusammenbruch kommt. Neben dem wirtschaftlichen Verlust kommt noch der waldbauliche Aufwand hinzu, denn der Bestand muss neu begründet werden. Doch soweit muss es gar nicht kommen: mit einer Reihe von Kritierien können Sie überprüfen wie groß das Risiko einer Kalamität ist.

Wo kommt die Fichte her?

Die natürlichen Verbreitungsgebiete der Fichte finden sich in der unteren subalpinen Höhenstufe sowie in der montanen Stufe der kontinentalen inneren Alpentäler, deren Klima für Buche und Tanne zu kühl ist. Außerdem findet man natürliche Fichtenwälder auf sogenannten Sonderstandorten wie Blockhalden und Kaltlufttälern. Daran lässt sich erkennen, dass die Fichte eine Baumart lebensfeindlicher, extremer Gebirgsstandorte ist, keinesfalls aber eine Baumart sommerwarmer Tieflagen Bei der Fichte lassen sich verschiedene Lokalrassen unterscheiden, die auch verschiedene Standortsansprüche haben. So benötigen die Gebirgsfichten aus hohen Lagen von Jugend an volles Licht für ihr Wachstum, während Fichten aus montanen und hochmontanen Gebieten (vergesellschaftet mit Buche und Tanne) der Halbschatten reicht. Alle Rassen sind unempfindlich gegenüber Winterkälte und stellen auch wenig Ansprüche an die Sommerwärme.  Optimale Standorte zeichen sich durch eine hohe Luftfeuchtigkeit, und reichliche, über das ganze Jahr verteilte Niederschläge aus, die mindestens 700 mm im Jahr betragen. Hinsichtlich des Bodens und der Nährstoffe ist die Fichte anspruchslos, auf lockeren, gut durchlüfteten Böden gedeiht sie trotzdem am besten. Dichte Böden vermag sie kaum zu erschließen, auf Böden mit ungünstigem Luft- und Wasserhaushalt bildet sie ein sehr flaches Wurzelwerk aus.

Monokultur

Ungepflegte Fichtenmonokulturen sind besonders instabil.

Optimale Wuchsbedingungen

Seehöhe: Vereinfacht könnte man sagen: je höher desto besser. Die Fichte ist eine Gebirgsbaumart und angepasst an kurze Vegetationsperioden und kalte Winter. Fichten in Tieflagen sind doppelt gefährdet. Einerseits leiden sie im Sommer unter Trockenstress, gleichzeitig sind die Entwicklungsbedingungen für die Schädlinge wesentlich günstiger als im kühlen Gebirgsklima. Unter 1.000 m Seehöhe sollten Reinbestände daher vermieden werden.

Boden: Die Fichte hat den Ruf des Flachwurzlers, was nur zum Teil richtig ist. Im Vergleich zu anderen Baumarten bildet sie tatsächlich ein sehr flaches Wurzelwerk aus. Oft hat das aber auch mit den vorhandenen Bodeneigenschaften zu tun. Fichtenwurzeln wachsen am liebsten in gut durchlüfteten Böden, wie sie im Gebirge in Form von Ranker und Redzina vorkommen. Auf solchen Standorten dringen die Fichten bis zu sechs Meter in den Boden ein. Je dichter und luftärmer der Boden ist, desto flacher werden die Wurzeln. Auf verdichteten Böden wie bei aufgelassenen Almböden sollen daher keine Fichten angepflanzt werden.

Kronenzustand: Die Krone ist das Kraftwerk des Baumes. Daher ist die Krone auch ein guter Indikator für die Vitalität. Idealerweise sollte die Krone zwischen 30 bis 50 % der Baumhöhe betragen. Gerade bei Fichtenmonokulturen sind aber häufig kurze Kronen zu beobachten. Wird nicht laufend durchforstet, so verlieren die Fichten ihre Grünäste aufgrund der hohen Konkurrenz: Im Gegensatz zu den meisten Laubbaumarten bildet die Fichte – wie auch die meisten anderen Nadelhölzer – keine neuen Äste mehr aus auch wenn durch eine Durchforstung wieder mehr Licht in den Bestand dringt. Deshalb müssen Fichtenbestände so früh wie möglich gepflegt werden. Kurze Kronen sind nicht nur schlecht für den Bestandeszuwachs, sie sind auch anfälliger gegenüber Windwurf.

Mischungsgrad: Monokulturen sind anfälliger gegenüber Schädlingen als Mischbestände. Wird der Fichtenanteil auf 50 % reduziert, so sinkt das Befallsrisiko durch den Borkenkäfer auf etwa 30 %. In Tieflagen mit sommerlichen Trockenperioden sind aber auch Mischbestände keine Lösung. Baumarten wie Eiche oder Buche dringen tiefer mit ihren Wurzeln in den Boden ein  als die Fichte. Deshalb verbrauchen sie den Großteil des Grundwassers, wodurch die Fichte unter Trockenstreß gerät. Die Fichte taugt also nur als Mischbaumart an Standorten, wo ausreichend Niederschlag fällt.

Niederschlag in der Vegetationsperiode: Theoretisch kann die Fichte auch in Tieflagen wachsen, und zwar dann, wenn der Niederschlag in jedem Sommermonat bei mindestens 40 mm liegt. Ist das nicht der Fall, so kommt die Fichte ins Schwitzen: der Trockenstreß führt nicht nur zu einem verminderten Holzzuwachs, auch die Vitalität der Fichte nimmt ab. Durch den Mangel an Wasser bildet die Fichte wesentlich weniger Harz aus und kann den Angriff von Borkenkäfern kaum mehr abwehren.

Lufttemperatur in der Vegetationsperiode: Die Lufttemperatur entscheidet über die Entwicklung der Borkenkäferpopulation. Ab 16 Grad beginnen die Käfer auszuschwärmen, richtig aktiv werden sie aber bei Lufttemperaturen über 20 Grad. Je früher es also warm wird und je größer die Anzahl der Tage mit Temperaturen jenseits der 20 Grad, umso mehr sind die Fichten von Borkenkäfern bedroht.

Bestandesumbau

Anhand der obigen Kriterien können Sie überprüfen, wie sehr die Fichte standortstauglich ist – oder auch nicht. Kommen Sie zu dem Ergebnis, das die Fichte gar nicht taugt, so sollten Sie sich Gedanken über einen Bestandesumbau machen. Dabei wird die Fichte langfristig von standortstauglichen Baumarten ersetzt. Um die Bestandesstabilität nicht zu gefährden muss der Bestandesumbau langsam vor sich gehen. Dafür eignet sich vor allem der Femelschlag. Dabei werden Bäume auf der Fläche von etwa einer halben Baumlänge entnommen. In diesen Bestandeslücken sollen sich die Ersatzbaumarten etablieren, idealerweise durch die Naturverjüngung. In manchen Fällen wird aber eine Aufforstung nötig sein. Welche Baumarten dafür in Frage kommen, hängt von der jeweiligen natürlichen Waldgesellschaft ab bzw. von den Standortsbedingungen.

Fichtenholz

Nur an optimalen Standorten und mit ausreichend Pflege kann die Fichte weiterhin die Brotbaumart bleiben.