Kahlschlag

Durch den Kahlschlag wird aus dem Wald eine Freiffläche mit gänzlich anderen Wachstumsbedingungen. Foto: David Moorhead/bugwood.org

Unmittelbar mit der Kahlschlagwirtschaft verbunden ist der Altersklassenwald. Dieser entsteht durch die Aufforstung von Kahlschlägen. Der Bestand ist gleichaltrig, alle Bäume im Bestand gehören der gleichen Altersklasse an. Durch diesen Mangel an Vielfalt und der fehlenden Streuung von Baumhöhen, Alter und Baumarten ist die Stabilität geringer. Im Stangenholzstadium zeigt sich der Mangel an Vielfalt besonders deutlich. In dieser Entwicklungsphase konkurrieren die Bäume miteinander um Licht, Nährstoffe und Wasser. Die Vitalität der Einzelbäume ist während dieser Phase gering, worunter wieder die Stabilität des gesamten Bestandes leidet. Für Baumarten, die an falschen Standorten gepflanzt wurden – wie in vielen Fällen die Fichte – ist das Risiko einer Kalamität (Windwurf, Schneebruch) besonders hoch.

Kein Wald, sondern Freifläche

Der Blick auf einen Kahlschlag verrät sofort, dass es sich nicht mehr um Wald handelt. Das schattenspendende Kronendach fehlt ebenso wie die pumpende Wirkung der Wurzeln, die das Bodenwasser speichern. Das milde Waldinnenklima wird durch den Kahlschlag vernichtet. Gerade junge Forstpflanzen sind aber darauf angewiesen. Auf der Kahlschlagfläche herrscht das raue Klima einer Freifläche. Hier führt die Sonnenstrahlung tagsüber zu Hitzestress bei Pflanzen. In der Nacht entweicht die Wärme ungehindert, wodurch es auf Freiflächen früher zur Frostbildung kommt. Die Pflanzen, die auf der Schlagfläche heranwachsen, wie Gräser, Kräuter und einige Hochstauden, sind an diese rauen Bedingungen angepasst. Die meisten Waldbäume sind es aber nicht.

Weniger Holzwachstum bei verringerter Bodenfruchtbarkeit

Manche Befürworter des Kahlschlags argumentieren, dass es auch in der Natur großflächige Zusammenbrüche von Waldbeständen gibt, die dem Kahlschlag gleichen. Feuer, Lawinen und auch Insektenbefall sind die Ursache für ein flächenhaftes Absterben von Bäumen. Im Gegensatz zum Kahlschlag wird in Naturwäldern das Holz aber nicht entfernt. Mit der Zersetzung des Holzes bildet sich ein wertvolles Keimbett für Bäume (Kadaververjüngung). Auf Kahlschlägen fehlt dieses Keimbett, das den jungen Bäumen Vorteile gegenüber der Konkurrenz von Gräsern und Sträuchern bietet.

Bei den geologischen und klimatischen Verhältnissen, die in Mitteleuropa herrschen, bildet sich spätestens nach einigen Jahrzehnten auf jeder Schlagfläche wieder Wald. Die Effekte des Kahlschlags sind daher aus Sicht des Waldbesitzers eher ein wirtschaftliches Problem. Durch den Kahlschlag muss eine Freifläche erst wieder in Wald umgewandelt werden. Dadurch entstehen Folgekosten. Außerdem führt ein Verlust der Bodenfruchtbarkeit zu einem verringerten Holzwachstum. Nährstoffarme Standorte, die unter der Bodenverhagerung leiden, können nur noch von wenigen Baumarten bewachsen werden.

Kahlschläge sind vergleichbar mit Schadereeignissen wie Waldbrände oder Windwürfe. Foto: Brian Lockhart_bugwood

Künstliche Aufforstung nötig

Mit einem Kahlschlag ist in den meisten Fällen eine künstliche Verjüngung verbunden. Für den Waldbesitzer entstehen dadurch Kosten und Arbeitsaufwand, die nicht anfallen würden, wenn die Naturverjüngung genutzt werden könnte. Doch die Gräser, Kräuter und Hochstauden, die auf den Schlagflächen wachsen, verhindern eine erfolgreiche Naturverjüngung.

Alternativen wählen

Es gibt eine Vielzahl von waldbaulichen Alternativen für den Kahlschlag: vom Schirmschlag über die Einzelstammnutzung bis hin zu kleinflächigen Nutzungen wie dem Saumschlag. Selbst in Beständen, die von einer Kalamität stark geschädigt wurden, sollten noch vitale Bäume stehen gelassen werden.  Für junge Bäume stellt der Schatten eines alten Baumes gegenüber der oft sehr aggressiven Konkurrenzvegetation einen Vorteil dar. Als Waldbesitzer sollte man sich am alten Försterspruch orientieren: Wald wächst dem Walde zu.