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Waldbauliche Analyse

Bei der waldbaulichen Analyse soll der Bestandeszustand aufgenommen und beurteilt werden. Foto: SpeedKingz/shutterstock

Den eigenen Wald erkennen

Man kann nur erfolgreich bewirtschaften, was man genau kennt. Wälder sind komplizierte Gebilde, die sich mit der Zeit stark verändern. Aus einer Kultur mit weit über 5.000 jungen Bäumchen wächst ein Bestand heran, in dem bis zur Endnutzung mehr als 80 % aller Bäume ausfallen. Als Waldbesitzer will man den Bestand so lenken, dass er die gewünschten Ziele auch erreicht. In den meisten Fällen ist das ein stabiler Bestand, der eine große Menge an Holz produziert. Dafür bedarf es aber regulierender Eingriffe in Form von Durchforstungen. Bevor man aber reguliert, ist es zuerst erforderlich, sich einen Bestand genau anzuschauen – und die Beobachtungen richtig zu beurteilen. Man führt also eine waldbauliche Analyse durch.

Die Auszeige darf nicht mit der waldbaulichen Analyse verwechselt werden. Sinn der Auszeige ist es, vor einer Schlägerung die Bäume zu bestimmen, die genutzt werden sollen. Die waldbauliche Analyse hingegen soll die Auszeige unterstützen. Im Gegensatz zur Auszeige muss sie auch nicht vor jeder Nutzung durchgeführt werden. Wälder sind zwar dynamisch, aber sie entwickeln sich gemächlich. Deshalb reicht es, eine waldbauliche Analyse alle drei bis fünf Jahre durchzuführen. In jungen, wüchsigen Beständen ist sie häufiger notwendig als in älteren, wenig dynamischen Beständen. Sinnvoll ist es auch, die Ergebnisse zu notieren. Somit kann langfristig die Bestandsentwicklung nachvollzogen werden.

Bei der waldbaulichen Analyse wird der Bestand untersucht. Als Bestand sind alle Waldflächen zu sehen, die sich von Nachbarflächen deutlich unterscheiden. Ein Stangenholz mit einer Oberhöhe von 15 m grenzt sich von einem aufgelichteten Altbestand deutlich ab. Für die Analyse muss mit mehreren Stunden Arbeit gerechnet werden. Unterstützende Hilfsmittel können Luftbilder und topographische Karten sein, sofern vorhanden.

Gesetz des Örtlichen

Schon im 19. Jahrhundert hat Wilhelm Pfeil das „eiserne Gesetz des Örtlichen“ definiert. Der Standort und seine Eigenschaften sind die absolute Grundlage für jedes waldbauliche Handeln. So macht es etwa wenig Sinn, eine Erlenaufforstung konsequent zu pflegen, wenn nicht reichlich Grundwasser vorhanden ist, das die Erle für ihr Wachstum benötigt. Zweck der Standortskunde ist es, eine Hilfestellung für die Baumartenwahl zu geben. Für den Waldbesitzer reicht es dabei, sich an den typischen Waldgesellschaften der einzelnen Höhenlagen zu orientieren. (s. Baumartenwahl)

Wer mit wem?

Das Mischungsverhältnis gibt die Baumartenanteile an. Dabei ist es aber nicht notwendig, dieses bis auf die zweite Kommastelle zu bestimmen. Als Ergebnis reicht auch, dass ein Bestand zu zwei Dritteln von Fichte sowie zu einem Drittel Lärche und einzelnen Bergahornen bewachsen wird. Die Mischungsverhältnisse lassen sich auch gut auf Luftbildern oder vom Gegenhang beobachten. Und sie geben darüber Auskunft, ob waldbauliche Ziele erreicht werden oder nicht: Dominiert in einem Bestand, der als Eichenbestand geplant war, mittlerweile die Kiefer, ist es Zeit, zu handeln.

Mischbestände haben den Vorteil, stabiler gegenüber Störungen zu sein, was aber im Umkehrschluss nicht bedeutet, dass alle Reinbestände instabil sind. Ein Buchenreinbestand im Mittelgebirge ist aber ebenso naturnah und stabil wie ein Kiefernreinbestand auf sandigem Boden. Lediglich künstliche Fichtenmonokulturen in Tieflagen sind als kritisch zu betrachten. Ob eine oder mehrere Baumarten den Bestand bilden sollen, hängt neben den standörtlichen Möglichkeiten auch von der Entscheidung des Waldbesitzers ab.

Schichten

In der Theorie kommen im Wald bis zu fünf verschiedene Schichten vor: Es sind dies die Moosschicht, die Krautschicht, die Strauchschicht sowie die untere und obere Baumschicht. Ob die einzelnen Schichten vorhanden sind, hängt aber stark vom jeweiligen Bestandsstadium ab. In lichten Eichenbeständen in sommerwarmen Gebieten fehlt die Moosschicht häufig. In dichten, dunklen Beständen wie dem Stangenholz fehlen meist Kraut- und Strauchschicht komplett. Und auf einem aufgeforsteten Windwurf fehlt die Baumschicht. Der Waldbesitzer muss also keine Sorge haben, wenn eine oder mehrere Schichten fehlen. Trotzdem lohnt es sich, die verschiedenen Schichten und deren Bewohner genauer zu betrachten. Zum Beispiel für die Verjüngung: Wachsen in der Krautschicht viele Keimlinge heran oder sind diese überhaupt nicht zu finden, da ausschließlich Gräser hier dominieren? Ähnlich verhält es sich mit der Strauchschicht: Besteht diese aus jungen Bäumen oder doch aus Hochstauden wie Tollkirsche und Brombeere? Gleiches gilt für die Baumschicht: Wachsen unter dem Kronendach der Eiche wie geplant Hainbuchen als dienende Baumart, die für die Astreinigung hilfreich sind, oder besteht die untere Baumschicht aus wüchsigen Fichten, die in einigen Jahren die Eichen bedrängen werden?

Schichten des Waldes. Grafik: Lisa Hager.

Es werde Licht

Der Überschirmungsgrad gibt an, wie viel Bodenfläche von den Kronen beschattet wird. Oder anders formuliert: Er soll darüber Auskunft geben, wie es um die Lichtverhältnisse im Bestand bestellt ist. Kurioserweise schaut man aber nach oben, um den Überschirmungsgrad zu bestimmen und nicht auf den Boden. Anhand der Lückigkeit des Kronendachs wird dann der Überschirmungsgrad bestimmt. In der Praxis fällt dies aber häufig schwer, und es braucht einiges an Übung. Für wissenschaftliche Zwecke gibt es auch verschiedene Methoden der Fotografie, um den Überschirmungsgrad exakt zu bestimmen. Der private Waldbesitzer kann es sich da leichter machen, da ihn weniger die Frage nach dem exakten Wert interessiert, sondern vielmehr, wie viel Licht tatsächlich auf den Boden fällt. Daher reicht es auch, Vorkommen und Verteilung von Bodenpflanzen zu beobachten, um die Lichtverhältnisse im Bestand einschätzen zu können.

Die Lichtverhältnisse sind von verschiedenen Faktoren abhängig: So lassen Lichtbaumarten mehr Licht durch ihre Blätter als Schattbaumarten. Je dichter ein Bestand ist, desto weniger Licht gelangt auf den Boden. Wichtig ist dieser Wert vor allem, wenn die Verjüngung gefördert werden soll. Dabei ist aber weniger mehr: Keimlingen und jungen Bäumen reicht für ihr Wachstum sehr wenig Licht; wird das Bestandsdach zu stark geöffnet, werden dadurch Gras und Kräuter und nicht die nächste Baumgeneration gefördert. Übrigens sind in der Jugend sowohl Licht- als auch Schattbaumarten tolerant gegenüber der Beschattung durch ältere Bäume.

Im Kronendach

Der Blick nach oben ins Kronendach ist aber trotzdem nicht unnötig: So lassen sich nämlich die Konkurrenzverhältnisse im Bestand bestimmen. Anhand der Stellung der Äste lässt sich erkennen, ob die Bäume in direkter Konkurrenz um das Licht stehen, oder ob ausreichend Wuchsraum für den Einzelbaum vorhanden ist. Mit dem Blick in das Kronendach lässt sich also feststellen, ob eine Durchforstung notwendig ist. Außerdem gibt das Kronendach auch Auskunft darüber, welche Baumarten bzw. Bäume im Bestand vorherrschend sind und welche unterdrückt werden.

Stabilität der Einzelbäume

Die Stabilität der einzelnen Baumindividuen ist nicht nur bei der Auszeige ein wichtiger Indikator. Im Gegensatz zur Auszeige muss auch nicht jeder einzelne Baum bei der waldbaulichen Analyse darauf angesprochen werden, vielmehr soll der Waldbesitzer einen Eindruck über die Situation im Bestand bekommen. Ein Stangenholz, bei dem nahezu jeder Baum einen Schälschaden durch Rotwild aufweist, oder ein Kiefernbestand mit Kronenlängen von weniger als 20 % zeigen, dass dringend gehandelt werden muss.

Fazit

Mit Hilfe der waldbaulichen Analyse wird der aktuelle Zustand und die weitere Bestandsentwicklung bestimmt. Für ein aussagekräftiges Ergebnis sollen folgende Elemente beobachtet und miteinander kombiniert werden:

  • Allgemeine Standortsdaten (Seehöhe, Hanglage, Bodenzustand)
  • Baumartenanteile
  • Vorhandene Schichten und die vorkommenden Arten
  • Zustand und Artenanteil der Bodenvegetation
  • Kronenzustand
  • Durchschnittliche Stabilität und Vitalität der Mehrzahl der Bäume