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Naturverjüngung

Tiere wie das Eichhörnchen spielen eine wichtige Rolle bei der Samenverbreitung und somit für das Gelingen der Naturverjüngung. Foto: Niek Goosen/shutterstock

Wer sich im Wald oder in unmittelbarer Nähe von Wäldern umblickt, kann überall Naturverjüngung in Form von Keimlingen entdecken. Auch wenn der Verlust an Samen sehr hoch ist, so werden in Wäldern derart große Mengen an Samen erzeugt, dass die Ansiedlung von Bäumen auf geeigneten Keimbetten nur eine Frage der Zeit ist. Natürlich kann es vorkommen, dass die Naturverjüngung fehlt oder fast gar nicht aufzufinden ist. Ursachen dafür können sein:

  • Fehlen von Samenbäumen: Die angrenzenden Bestände sind noch zu jung, um Samen auszubilden, oder nicht ausreichend vital
  • Fehlen von geeigneten Keimbetten: Die Samen finden kein passendes Keimbett, an dem die Keimung stattfinden könnte. Ursache hierfür können Bestände sein, die kaum Licht auf den Waldboden lassen, wodurch die Keimlinge eingehen, oder es gibt eine Störung des Bodens. Verdichtete Böden bereiten vielen Samen Probleme. Auf Böden, die Umweltgiften ausgesetzt waren, entwickeln sich ebenfalls keine Bäume.
  • Wildverbiss: In Wäldern mit sehr hohen Wilddichten kann der Verbissdruck derart hoch sein, dass kein Keimling es schafft, sich weiterzuentwickeln. Auf solchen Waldböden ist keine Verjüngung anzutreffen. Häufig ist auch ein selektiver Verbiss zu beobachten, denn gerade die Fichte wird vom Wild nicht sehr geschätzt, während andere Baumarten gerne angenommen werden. In solchen Beständen ist in der Naturverjüngung nur die Fichte anzutreffen.

Geduld auf Kahlflächen

Auf großen Kahlflächen kann aber nicht immer mit dem Erfolg der Naturverjüngung gerechnet werden, und zwar aus mehreren Gründen: So kann das Angebot an Samen der angrenzenden Bestände nicht ausreichen, damit sich die gesamte Kahlfläche verjüngt. Ebenso kann das Wild – gerade auf Rehe wirken Kahlflächen äußerst attraktiv, weil sie Äsung und gleichzeitig den Schutz der angrenzenden Bestände bieten – die erfolgreiche natürliche Verjüngung behindern. Und natürlich ist die Konkurrenzvegetation zu nennen, die vor allem an Standorten mit guter Nährstoff- und Wasserversorgung schnell heranwächst. Mittelfristig werden sich in so einem Fall auch die Bäume durchsetzen, die Frage ist aber, ob man hierbei nicht mit dem Forstgesetz in Konflikt gerät. Dem in der forstlichen Praxis lange verbreiteten Argument, man müsste die Verjüngung so schnell wie möglich hochbringen, ist aber nicht zu folgen: Bei Umtriebszeiten von mindestens 80 Jahren und noch mehr sind einige Jahre mehr oder weniger, welche die Baumverjüngung benötigt, um heranzuwachsen, doch eher zu vernachlässigen – der aktuelle Waldbesitzer wird das Ende der Umtriebszeit kaum noch erleben.

Problemfall Fichte

Von der Naturverjüngung auszuschließen sind Bestände, die mit standortsfremden Baumarten bestockt sind: In der Mehrzahl der Fälle betrifft dies Fichten. Doch das ist leichter geschrieben als getan. Dass Fichtensamen keimen und heranwachsen, ist nicht zu verhindern, insbesondere in Gegenden, wo die Fichte nahezu als einzige Baumart vorkommt. Was der Waldbesitzer tun kann, ist, im Zuge der Jungwuchspflege die unerwünschten Baumarten zu entfernen. Dabei muss aber nicht dogmatisch vorgegangen werden und nicht jede naturverjüngte Fichte vernichtet werden: Als Mischbaumart mit einem Anteil von bis zu 10 % können auch Fichten belassen werden in Regionen, in denen sie standortsfremd sind. Denn diese Fichten haben durch ihr erfolgreiches Heranwachsen ohne menschlichen Eingriff bewiesen, dass sie einigermaßen an die Standortsbedingungen angepasst sind. Überhaupt ist die Standortstauglichkeit einer der größten Vorteile der Naturverjüngung. Die Samen, die es geschafft haben, zu keimen, haben damit auch bewiesen, dass sie mit den kleinstandörtlichen Bedingungen zurechtkommen. Dies trifft vor allem zu, wenn sich mehrere Baumarten an der Naturverjüngung beteiligen. Auch unterliegen naturverjüngte Pflanzen nicht der Gefahr eines Pflanzschadens – bei Pflanzungen einer der Hauptgründe für das Absterben der Jungpflanzen. Das wichtigste Argument für den Kleinwaldbesitzer, dessen Ressourcen begrenzt sind, ist aber die Möglichkeit, das Gratisangebot der Natur zu nutzen. Große Forstbetriebe nutzen schon lange die Naturverjüngung, da die Kosten für Aufforstungen – vor allem die Personalkosten sind hoch bei dieser arbeitsintensiven Verjüngungsmethode – einer der größten Kostenpunkte in der Bilanz darstellen. Was für den professionellen Forstbetrieb gilt, ist daher auch richtig für den Kleinwaldbesitzer. Doch es gibt auch einige Nachteile der Naturverjüngung: Der Waldbesitzer ist abhängig vom Samenertrag. Dies kann etwa bei Kahlschlägen ein Problem geben, wenn es nur Sprengmasten gibt und sich die Kahlfläche deshalb nicht naturverjüngen lässt. Auch ist die Naturverjüngung ungleichmäßiger verteilt als jede künstliche Verjüngung durch den Menschen. Wind und Tiere halten sich nicht an menschliche Wunschvorstellungen. Deshalb können neben Flächen, die sich naturverjüngen, auch Lücken entstehen, in denen keine junge Pflanze wächst. Bei Nutzung der Naturverjüngung erspart man sich normalerweise eine Bodenbearbeitung. Gleichzeitig tritt dadurch aber eine höhere Gefährdung durch Konkurrenzvegetation für die Naturverjüngung auf. Ein Argument, das früher oft gegen die Naturverjüngung gebracht wurde, lautet, dass es bei Naturverjüngungen notwendig sei, „unerwünschte“ Baumarten zu entfernen. Wenn es sich aber dabei nicht, wie bereits erwähnt, um standortsfremde Fichten handelt, gibt es für den Waldbesitzer keine „unerwünschten“ Baumarten. Pionierbaumarten wie Birke, Eberesche und Aspe liefern durch ihre rasch zersetzbare Streu einen wertvollen Beitrag für die Bodenverbesserung. Und in Zeiten, in denen Holz wieder stark an Bedeutung als Brennstoff bekommen hat, ist auch das Holz solcher Baumarten wirtschaftlich interessant. Nach diesen Nachteilen der Naturverjüngung stellt sich die Frage, ob es dem Waldbesitzer möglich ist, die Naturverjüngung zu steuern oder zu fördern, um die oben erwähnten Nachteile zu vermeiden. Zuvor sollen aber noch die Lichtbedürfnisse der heimischen Baumarten besprochen werden.

 

Lichtbedürfnis Baumart Einstufung als
sehr lichtbedürftig Birke, Lärche, Kiefer, Aspe, Kirsche, Schwarzerle Lichtbaumart
lichtbedürftig Eiche, Weißerle, Walnuss, Esche Halblichtbaumart
intermediär Zirbe, Ulme, Elsbeere, Spitzahorn, Linde
schattenertragend Hainbuche, Bergahorn, Edelkastanie, Fichte, Douglasie Halbschattbaumart
sehr schattenertragend Buche, Tanne, Eibe Schattbaumart

Lichtbedürfnisse von Bäumen

Lichteinfall steuern

Licht wird den jungen Pflanzen streitig gemacht von den Bäumen des Altbestandes sowie durch die Bodenvegetation. Naturverjüngung kommt normalweise unter dem Schirm des Altbestandes auf. Aus dem Lichtbedarf der Jungpflanzen ergibt sich der zeitliche Spielraum, wie schnell und wie stark die Räumung des Altbestandes erfolgen muss. Die Fähigkeit, Schatten zu ertragen, hängt aber auch von anderen Standortsfaktoren wie den verfügbaren Nährstoffen, der Lufttemperatur und dem Wasserhaushalt ab. An einem guten Standort wird dementsprechend die Fähigkeit, Schatten zu ertragen, höher sein als an armen Standorten. Das beste Wachstum erreichen Bäume unter vollem Lichtgenuss. Allerdings sind damit auch einige Nachteile verbunden: Auf der Freifläche sind die Jungpflanzen der Sonneneinstrahlung komplett ausgeliefert, es kann zur Austrocknung kommen sowie zur Überhitzung der bodennahen Luftschicht. Auch Spätfröste wirken stärker auf Freiflächen als unter dem Schirm des Altbestandes. Licht bedeutet Leben: Ab einem gewissen Punkt – wenn genauso viel Energie für die Atmung benötigt wird, wie von der Photosynthese produziert wird – stirbt die Pflanze ab. Bei schattertragenden Bäumen wie Tanne oder Eibe liegt dieser Punkt niedriger als bei Kiefer oder Eiche. Aber auch Pflanzen, die noch über diesem Punkt liegen, sind wenig vital und widerstandsfähig. Bei Lichtentzug geht vor allem die Ausbildung der Wurzeln zurück, was wiederum zu einem Wassermangel führt. Der Waldbesitzer kann die Naturverjüngung jedoch unterstützen, und zwar, indem er den Altbestand auflichtet. Je nach Baumart kommen verschiedene waldbauliche Methoden in Frage, mit denen sich der Lichtbedarf der Jungpflanzen steuern lässt. Das muss aber mit Vorsicht geschehen, da zu starke Eingriffe die Bodenvegetation wie Gräser, Kräuter und Hochstauden fördern.

 

Fazit Naturverjüngung

Naturverjüngung passiert laufend und kann daher vom Waldbesitzer nicht aktiv beeinflusst, sondern nur gefördert werden. Das macht er, indem etwa Samenbäume im Bestand freigestellt werden. Frostempfindliche Baumarten wie Buche oder Tanne sind für die natürliche Verjüngung besonders dankbar. Nur in sehr wenigen Fällen ist die Naturverjüngung nicht möglich. Wenn etwa Samenbäume auch in mehreren Kilometer Entfernung gänzlich fehlen oder der Boden nicht aufnahmefähig ist (Bodenverdichtung). Wo immer möglich, sollte aber das Potenzial der Naturverjüngung ausgenutzt werden. Naturverjüngung ist sowohl auf Freiflächen als auch unter dichtem Schirm möglich. Bei Buche ist sie im Zuge des Schirmschlags die wichtigste Verjüngungsart. Auch kann sie als Ergänzung zu Saat und Pflanzung genutzt werden.

Für die Naturverjüngung sprechen der nicht vorhandene Arbeitsaufwand sowie das Aufkommen standortsangepasster Pflanzen. In Beständen, in denen standortsfremde Baumarten stark dominieren, kann es aber aus Mangel an anderen Samen dazu kommen, dass sich auch standortsfremde Baumarten vermehren. Fehlende Naturverjüngung ist meist auf starken Wildverbiss zurückzuführen.