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Waldrand: Lebensraum und Schutzschicht

Waldränder sind nicht nur artenreiche Lebensräume, sie schützen den Wald auch vor Wind und Wetter.

Im Übergang von Wald zum Kulturland leben besonders viele Tier- und Pflanzenarten. Es treffen hier nämlich die Arten des «geschlossenen» Waldlebensraums auf die Arten des «offenen» Kulturlandes. Grundsätzlich ist ein gestufter und gebuchteter Waldrand überall möglich und sinnvoll. Die Tiefe sollte mindestens eine Baumlänge aufweisen und der Kronenschluss nur noch um 30 % betragen. Zu kleine Eingriffe sind schon nach wenigen Monaten kaum noch zu sehen. Der Aufbau sollte stufig werden (verschiedene Altersklassen gemischt) und die Linienführung durch Buchten möglichst lange. Die grossen Mengen an Holz, die bei einer Durchforstung anfallen, können genutzt werden um die Kosten zu decken, ein Teil sollte jedoch auch als wertvolle Struktur (Totholz) im Waldrandbereich belassen werden. Das Kronenmaterial sollte unbedingt auf der Fläche belassen werden.

Am günstigsten ist der Waldrandverlauf, wenn er stark gebuchtet ist, denn dadurch wird die Grenzlinie verlängert und somit ökologisch wertvolle Einzugsgebiet vergrößert. Auslaufende Waldränder entstehen dann, wenn sich Sträucher und Bäume im angrenzenden Offenland ausbreiten (können). Diese Entwicklung ist ebenfalls als ökologisch günstig einzustufen, sie setzt aber erst ein wenn es einen artenreichen, gepflegten Waldrand gibt und das angrenzende Offenland nicht oder nur extensiv genutzt wird.

Der optimale Waldrand hat einen gestuften Aufbau. Alle Grafiken: WSL Schweiz.

Der Waldrand besteht aus 3 Schichten: den Krautsaum, dem Strauchgürtel und dem Waldmantel.  In einem idealen Waldrande sind die Grenzen der 3 Schichten streng voneinander getrennt, sondern vielmehr ineinander verzahnt.

Krautsaum: Gräser, Seggen, Binsen und Wiesenblumen prägen den ungedüngten, extensiv genutzten Krautsaum. Im Übergang zur Strauchschicht sind verschiedenste Kleinstrukturen wie Stein- und Asthaufen, Brombeer- und Brennesseldickichte, vegetationsfreie Flächen, Sumpfflächen usw. vorhanden. Um die Artenvielfalt hoch zu halten sollte zumindest einmal im Jahr gemäht werden und das anfallende Material auf der Fläche belassen werden.

Strauchgürtel: Jungbäume und Sträucher mit Beeren und/oder Dornen sind kennzeichnend. Der Übergang zu Krautsaum und Waldmantel ist fließend.

Waldmantel: Besteht aus Randbäumen des Bestandes. Die Kronen sind bis in die unteren Bereiche gut ausgebildet. Zahlreich sind alte oder abgestorbene Bäume (Totholz). Es ist eine Pufferzone zwischen Freilandklima und Wald-Innenklima.

Beim sanft ansteigenden Waldrand werden die unteren Luftströme nur langsam nach oben gedrückt. Die Turbulenzen werden gemildert und der Wirkungsbereich gestreckt. Windwurf- und Bruchgefahr sind bedeutend kleiner (= optimale Waldrandstruktur).

Um einen optimalen Waldrand zu erhalten ist eine laufende Pflege notwendig. Ohne laufende Eingriff schliesst sich das Kronendach wieder und der Waldrand geht verloren. Dies gilt vor allem in der Kulturlandschaft, in welcher der Wald normalerweise keinen Platz zum Ausbreiten hat, weil er an Ackerland oder Siedlungen angrenzt. Allerdings ist auch davon auszugehen, dass ohne Eingriffe ins benachbarte Offenland sich der Waldrand nach und nach auch ausbreitet: in Richtung des Offenlandes breiten sich vor allem Krautsaum und Strauchgürtel aus, während aus Richtung des angrenzenden Waldes sich wiederum dieser ausbreitet. Sofern diese Sukzession erfolgreich abläuft, ist die Pflege nur extensiv nötig.

Die meisten Wirtschaftswälder haben eine scharfe Abgrenzung zum benachbarten Offenland. Dies resultiert einerseits daraus, dass durch Bewirtschaftung im Offenland (Acker, Wiese) keine Sukzession und Waldentwicklung zugelassen wird, und andererseits, weil die dominierenden Bäume im Wald derart viel Schatten werfen, das die lichtbedürftigen Waldrandarten sich nicht entwickeln können.

Um einen Waldrand zu schaffen ist es daher nötig von der bestehenden Waldgrenze aus stark einzugreifen und etwa eine Baumlänge lang (30 m) zumindest 60 % der Stammzahl zu entnehmen, um eine nur leicht überschirmte Fläche zu gestalten. Totholz, Efeubäume und Höhlenbäume bleiben erhalten. Das gleiche gilt für alte Eichen, Dornsträucher und Weiden. Wertvoll sind auch aufkommende Pioniergehölze wie Zitterpappeln, Birken und Salweiden. Auch Seltenheiten wie Wildbirne, Elsbeerbaum etc. bleiben stehen. Oder anders formuliert: an Stellen wo sich ein Waldrand bereits entwickelt hat, ist der Eingriff dementsprechend anzupassen, bzw. im Zweifel gänzlich zu unterlassen.

Waldränder schafft man, indem man vom bestehenden Waldrand aus etwa 30 m in das Bestandesinnere hinein auflichtet.

Nach dem aufwändigen Ersteingriff ist die Pflege im Spätsommer des Folgejahres sehr wichtig. Diese Nachpflege ist nicht sehr aufwändig, aber entscheidend bei der Lenkung des Bestandes. Dabei ist die Naturverjüngung der Fichte zu kontrollieren. Ohne so eine Nachpflege besteht die Gefahr, dass die wüchsige Fichte die eigentlichen Waldrandarten rasch überwächst. Wartet man mit dem Zweiteingriff einige Jahre, so beginnt man oft wieder bei Null. Daher sind alle aufkommenden Fichten zu köpfen, das heißt der Leittrieb mitsamt den ersten 3 Quirl wird abgetrennt.

Treten Brombeeren und Adlerfarn auf, so sollten diese zweimal im Jahr zurückgeschnitten werden, da sie verdämmend wirken können und die Entwicklung andere Sträucher und Hochstauden erheblich hemmen. Keinesfalls darf die Fläche gemulcht werden, da durch das Mulchgerät ein Sog entsteht, der wie ein Staubsauger die Insekten aus der Umgebung absaugt. Zudem entsteht durch das Liegenlassen des Materials ein Düngungseffekt, der die Pflanzenartenvielfalt einschränkt.

Waldränder sind gute Ansitzwarten für Greifvögel wie den Habicht.