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DAUERWALD – EINE BEWÄHRTE IDEE FÜR DIE ZUKUNFT

Vor genau einhundert Jahren publiziert der Forstwissenschaftler Alfred Möller an der Forstakademie Eberswalde sein Konzept vom Dauerwald. Die Idee vom Wald als Organismus, dessen Wesen nicht durch Kahlschläge unterbrochen werden dürfe und trotzdem genutzt werden kann, fand damals unter den Förstern viele begeisterte Anhänger, setzte sich aber letztlich gegen den Blick auf den Wald als Produktionsmittel nicht durch. Eine Pressemitteilung des BDF.

Der Bund Deutscher Forstleute (BDF) macht sich für eine stärkere Berücksichtigung der Dauerwaldidee stark. „Auch der Fortschritt der Wissenschaft zeigt uns, wie recht Möller mit seiner Organismus-Vorstellung hatte“, ist BDF-Vorsitzender Ulrich Dohle überzeugt. „Daher setzten wir uns als Berufsverband für die bundesweite Verbreitung der Dauerwaldidee ein, die ein wichtiges Prinzip für den Aufbau naturnaher und widerstandsfähiger Wälder darstellt.“ Letzteres ist Voraussetzung für den Schutz der Wälder im Klimawandel und den Erhalt der biologischen Vielfalt.

So unterzeichneten im September vergangenen Jahres der Forstminister von Mecklenburg-Vorpommern Till Backhaus und der Bund Deutscher Forstleute die „Ivenacker Erklärung“, in der die dauerwaldartige Bewirtschaftung als Ziel für die Wälder und als Aufgabe für den Landeswald formuliert wird. Ulrich Dohle: „Wir freuen uns, dass die Vereinbarung in die aktuelle Koalitionsvereinbarung der neuen Landesregierung eingeflossen ist und dass das Forstministerium gerade die Umsetzung der Grundsätze für einen klimaangepassten Dauerwald formuliert.“ Weitere Landesforstbetriebe oder -verwaltungen haben sich dem Dauerwaldprinzip verschrieben. So im Saarland bereits seit 1990 und in den letzten Jahren auch die Landesforsten in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt.
„Auch der von uns als Waldgebiet des Jahres 2022 ausgezeichnete Erdmannwald in Niedersachsen folgt dem Dauerwaldprinzip und zeigt, dass diese Wälder widerstandsfähiger und sehr gut für Erholung und Artenvielfalt bei gleichzeitig verantwortungsvoller Holznutzung geeignet sind“, unterstreicht der BDF-Vorsitzende angesichts eines Waldverlustes seit 2018 von etwa einer halben Million Hektar.
Dohle fordert, wie seinerzeit Alfred Möller, dass man auch ohne lange Vorschriften schon jetzt interessierten Revierförstern und -försterinnen ermöglicht, ihren Wald entsprechend den Dauerwald-Prinzipien umzuformen. „Wir sind uns auch sicher, dass die Idee, den Wald als Organismus, also als Ökosystem, zu betrachten, heute auf einen sehr breiten gesellschaftlichen Konsens trifft,“ wirbt Ulrich Dohle für mehr Dauerwald.

Die Dauerwaldbewirtschaftung ist unter anderem auch die Steuerung des vorhandenen Lichtpotentials.

Hintergrund 1:
Alfred Möller und die Idee vom Dauerwald

Alfred Möller (1860-1922) war einer der wenigen Forstwissenschaftler, der bei seinem Onkel, dem Naturforscher und Darwin-Anhänger Fritz Müller den brasilianischen Regenwald erforschte. Dadurch beeinflusst entwickelte er seinen Dauerwaldgedanken, der die „Stetigkeit des Waldwesens“ zum Prinzip machte und dabei diesen unterbrechenden Kahlschlägen ausschloss ebenfalls der Humus- und Bodenpflege einen großen Stellenwert einräumte. Dabei ging er davon aus, dass im ohne Unterbrechung wachsenden Wald eine größtmögliche Holzerzeugung möglich sei. Zitat Möller „Soll dessen Stetigkeit gewahrt bleiben, so müssen an Stelle der geernteten Bäume schon andere vorhanden sein, die ihren Platz ausfüllen, niemals darf auf größerer zusammenhängender Fläche alles vorhandene Holz abgeräumt werden, denn damit ist das Waldwesen zerstört.“ Das Zusammenspiel der Arten, nicht nur im Wald, hatte Möller schon früh mit dem experimentellen Nachweis der Symbiose von Pilz und Alge bei den Flechten beschäftigt und in Brasilien wies er nach, dass Blattschneider-Ameisen Pilzgärten anlegen.
Ähnlichen Einfluss hatte der Münchener Forstprofessor Karl Gayer (1822-1907 zum Beispiel mit seinem Standardwerk „Der gemischte Wald“ von 1866.
Alexander von Humboldt (1769-1859) kann als bestimmend für das Denken von Möller und Gayer gesehen werden. Der Naturforscher und Wissenschaftler gilt als Pionier des ökologischen Denkens, bekannt ist sein Ausspruch „Alles ist Wechselwirkung“.

Hintergrund 2:
Dauerwald heute

Die Dauerwald-Idee basiert auf wenigen Grundprinzipien, die für verschiedene Wälder in verschiedenen Regionen unterschiedlich angepasst werden müssen. Nach dem 2. Weltkrieg bildete sich die Arbeitsgemeinschaft naturgemäße Waldwirtschaft (ANW), die sich diesen Zielen verschrieb und durch ihre Mitglieder in einigen, oft privaten, Wäldern umsetzte. Ab 1990 bis heute übernahmen auch staatliche Waldbetriebe den Dauerwald-Gedanken ganz oder in Teilen.

– Im Saarland ist das Dauerwaldprinzip für den Landeswald im sogar Waldgesetz verankert. Ein Buchen-Dauerwald wird angestrebt, der Nadelbaumanteil in den Wäldern beträgt lediglich ein Viertel. Mehr dazu hier.

Der Landesforstbetrieb Baden-Württemberg (ForstBW) teilt auf Nachfrage mit, dass seit 2014 sogenannte Waldbautrainer eingesetzt werden, um die Umsetzung des Dauerwaldgedankens bei den Mitarbeitern intensiv zu schulen. ForstBW nimmt für sich in Anspruch, das Dauerwaldthema mit hohem Engagement voranzutreiben.

Das Land Sachsen-Anhalt formuliert in seiner Leitlinie von 2014 den Anspruch langfristig Dauerwälder „mit einer hohen Systemstabilität“ zu entwickeln.

In Mecklenburg-Vorpommern gibt es bei den Landesforsten seit 2014 zwei Versuchsreviere. Mit der „Ivenacker Erklärung“ vom September 2021 wird der Dauerwald für den gesamten Landeswald zum Thema.


o Auszug Koalitionsvereinbarung MV 2021-2026, Pkt. 226 Der Landeswald soll als Dauerwald nach ökologischen Kriterien noch vielfältiger, gemischter und standortbezogener bewirtschaftet werden, um arten- und strukturreiche und damit klimastabilere Wälder zu fördern. Oberste Priorität hat der Erhalt und die Förderung seiner natürlichen Resilienz und Stabilität im Zusammenhang mit den Herausforderungen des Klimawandels. Betriebswirtschaftliche Ziele sind im Landeswald weiterhin zu berücksichtigen. Die Sicherung der Funktionsvielfalt und ökologischen Stabilität des Waldes ist zu gewährleisten


„Da das Prinzip des Dauerwaldes nur aus wenigen Grundsätzen besteht, lässt es sich gut auf viele Waldökosysteme anwenden“, kommentiert BDF-Vorsitzender Ulrich Dohle diese forstpolitische Entwicklung. „Wir müssen aber auch sehen, dass Dauerwaldentwicklung den steten Blick von ausreichend Forstpersonal auf den Wald erfordert und dass die Gefahr besteht, dass die Dauerwaldidee den Schritt aus den Hochglanzbroschüren in den Wald nicht schafft.“

Die Idee des Dauerwaldes setzt sich auch immer mehr bei staatlichen Waldbetrieben durch.

Hintergrund 3:
Die Erdmannwälder – Waldgebiet des Jahres 2022

Auf rund 2.000 Hektar gibt es bei den Niedersächsischen Landesforsten die sogenannten Erdmannwälder. Zwischen den Kleinstädten Bassum und Sulingen südlich von Bremen zeigen die dauerwaldartig seit 130 Jahren, beginnend mit Oberförster Friedrich Erdmann, entwickelten Mischwälder gerade in der jetzigen Waldkrise eine hohe Resilienz. Dabei sind sie geeignet alle heutigen und künftigen Aufgaben des Waldes zu erfüllen. „Die Erdmannwälder überzeugen durch Vielfalt an Baumarten und Strukturen und überzeugen und mehr denn je als Vorbild für stabile, vielfältig nutzbare Wälder sind“, begründet BDF-Vorsitzender Ulrich Dohle die Kür der Erdmannwälder zum „Waldgebiet des Jahres 2022“.

110-jährige Weißtanne im Mischwald. Foto: RStäding.