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Naturnaher Waldbau: Was ist das eigentlich

Die Herausforderungen durch Klimawandel und Globalisierung wird nur dann erfolgreich zu bewältigen sein, wenn man sich wieder auf naturnahe Waldwirtschaft besinnt. Denn je naturnäher ein Waldbestand ist, desto stabiler und weniger anfälliger ist er gegenüber Störungen.

Künstliche Wälder hingegen sind äußerst instabil und waren auch schon vor dem Klimawandel durch Wind, Borkenkäfer und Rüsselkäfer bedroht, Schadholz gehörte einfach zum Bewirtschaftungsrisiko und wurde quasi als Schwund der biologischen Produktion hingenommen. Doch mittlerweile sind die Schadholzmengen derart groß, das sich eine normale Produktion kaum noch realisieren lässt. Immer mehr Waldbesitzer, aber auch staatliche Forstverwaltungen, wollen daher zur naturnahen Waldwirtschaft wechseln. Doch was genau ist naturnahe Waldwirtschaft eigentlich?

In Urwäldern schlummern die waldbaulichen Erfahrungen von Jahrtausenden.

Theorie und Praxis der naturnahen Waldwirtschaft basieren auf dem Studium des Urwaldes. In diesem, von Menschen noch unveränderten Ökosystem, hat die Natur durch Jahrmillionen Mechanismen, Strukturen und Patente für das erfolgreiche Forstbestehen, probiert, überprüft und angepasst. Im Urwald stecken also Unmengen von Information und Erfahrung, die sich die moderne Forstwirtschaft zu Nutzen machen muss. In der naturnahen Waldwirtschaft wird dieses Wissen angewandt und umgesetzt. Die grundlegende Erkenntnis der Urwaldforschung gilt für den naturnah wirkenden Mensch in seinem Tätigkeitsbereich allgemein. Solange der Mensch bei allen seinen forstlichen Aktivitäten nicht durch diese Erkenntnis gelenkt wird, so lange kann auch die naturnahe Waldwirtschaft nicht als Ganzes erfolgreich sein. Naturnahe Waldwirtschaft in der Praxis ist also vielmehr als nur Buchen statt Fichten zu pflanzen !

Bei der naturnahen Waldwirtschaft werden Eingriffe in den Wald möglichst an natürliche, ökosystemare Prozesse angepasst, die das bestehende Waldgefüge und das Ökosystem kaum beeinflussen. Denn ganz wesentlich im Urwald ist die Kraft der Selbsterhaltung. Diese Fähigkeit wurde im Lauf von Jahrmillionen erworben. Denn es ist keine Selbstverständlichkeit das auf einer Fläche, auf der Bäume durch Wind oder Lawine vernichtet wurden, wieder Wald entsteht: Gräser, Kräuter, Hochstauden wachsen in kurzer Zeit heran und nutzen alle verfügbaren Ressourcen. Doch der Wald hat im jahrtausendenlangen Konkurrenzkampf zahlreiche Strategien und Mechanismen herausgebildet, damit Wald wieder zu Wald wird. Aus dieser Beobachtung heraus muss auch für den Waldbau und die Forstwirtschat als Ganzes der Grundsatz gelten, dass Eingriffen in das Waldgefüge waldschützend und nicht waldzerstörend sein müssen. Dabei ist die Entnahme, also die Holzernte, kein waldzerstörendes Element: auch im Urwald sterben Bäume ab, meistens einzeln, aber auch bei besonders schweren Schäden in großer Menge. Wird die Holzernte aber etwa mit schweren Erntemaschinen durchgeführt, die sich kreuz und quer auf der ganzen Waldfläche bewegen und zu schweren Schäden im Oberboden führen, dann ist diese Maßnahme ganz klar waldzerstörend und nicht waldschützend.

Naturnaher Waldbau am Beispiel Auwald: Feuchtflächen werden nicht entwässert sondern mit standortsgerechten Baumarten wie der Schwarzerle welche die hohe Bodenfeuchte nutzen kann bestockt.

Ziel Umsetzung
Übereinstimmung von Biotop und ökologischen Ansprüchen der Baumarten Korrekte Baumartenwahl auf Grundlage der natürlichen Waldgesellschaft
Artenvielfalt unter Berücksichtigung des natürlichen Biodiversitätspotentials Mischungsregulierung
Mischungsförderung und -regulierung in Verbindung mit Erziehungs- und Pflegemaßnahmen Einzelbaumnutzung
Balance und Stetigkeit erfordern Ungleichaltrigkeit Verjüngung in Bestandeslücken
Erforderliche Altersverteilung ist von Standort und Bestockungstyp abhängig Naturverjüngung auf der gesamten Waldfläche
Wuchsraumausnutzungung, Produktivität und Stabiliät erfordern bestimmte Raummerkmale Strukturdurchforstung
Die Nutzbarkeit des Wuchsraumes ist abhängig vom Standort und von der Baumart Mischung unterschiedlicher Baumarten
Produktive Standorte und schattentolerante Baumarten gestalten eine besser Wuchsraumausnutzung Ungleichaltrigkeit

Ziele und deren Umsetzung im naturnahen Waldbau.

Sämtliche Komponenten einer naturnahen Waldwirtschaft sind Bausteine der Waldpflege. An erster Stelle steht die Nutzung. Mit verschiedenen Hiebsmaßnahmen wird der Wald pflegend genutzt, pflegend das Holz aus dem Wald gerückt und ein besserer Zustand zurückgelassen damit der Wald weitergedeihen kann. Eingriffe in den Wald wirken wie Fremdkörper, die der Wald abzustossen versucht. Für das Waldgefüge wirken sie störend, auch wenn der Mensch sie benötigt. Deshalb gilt es diese Eingriffe in das natürliche Waldgefüge möglichst einzubauen, sie als naturnah auszugestalten.

Die alte Sichtweise auf den Wald, dass er vom Menschen beherrscht und daher beliebig gelenkt werden kann, ist abzulehnen. Denn wie soll etwas beherrscht werden, das man nicht ausreichend verstanden hat. Würde der Mensch tatsächlich schon alle Funktionen und Prozesse im Wald ausreichend verstehen – und auch noch in der Lage sein diese zu kontrollieren, dann gehörten Windwurf und Borkenkäferplage der Vergangenheit an. Doch die belebte Welt ist immens komplex und längst sind nicht alle ökologischen Abläufe im Waldgefüge entdeckt worden, geschweige denn verstanden. Gerade deshalb soll man bei der Bewirtschaftung den Wald als Produkt der Natur begreifen und so sehr es auch nur irgend möglich ist versuchen mit der Natur zu arbeiten und sich die natürlichen Abläufe zu nutzen, nicht sie zu bekämpfen.

Ein naturnaher Wald ist kein Schutzgebiet: Ziel bleibt die Produktion von Holz während in einem Schutzgebiet Prozess- und Artenschutz im Vordergrund stehen.